RT Journal Article SR Electronic A1 Pechač, Marek T1 Wagnerianism in the Czech Lands in the 1880s JF Musicologica Olomucensia YR 2010 VO 12 IS 2 SP 73 OP 80 DO 10.5507/mo.2010.011 UL https://musicologica.upol.cz/artkey/mus-201002-0003.php AB In den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts können wir einige Ereignisse in den tschechischen Ländern hervorheben, die verschiedene Debatten um Richard Wagners Werk und seinen Einfluss auf die tschechische nationale Musik anregten. Zwischen diese Marksteine gehörten vor allem die Eröffnung des Nationaltheaters, die Aufführung von Parsifal in Bayreuth, Richard Wagners Tod, die Erstaufführung von Zdeněk Fibichs Braut von Messina, Lohengrins Premiere in dem Nationaltheater und die Aufführung von Lohengrin und Tannhäuser im Pilsner Stadttheater. Im Jahre 1881 wurden die "Kämpfe um Wagner" endgültig beendet. In diesem Jahr kam es zur letzten Entladung des "Antiwagnerianismus", als František Pivoda das Buch O hudbě Wagnerově [Über Wagners Musik] herausgab. Großer Teil der tschechischen Kritik und des Künstlerstandes nahm Richard Wagner in den achtziger Jahren als großen Komponisten und Opernreformator wahr, dessen theoretische Prinzipien dank der schrittweisen Durchsetzung von Bedřich Smetanas Werk als Ausgangspunkt der modernen tschechischen Oper verstanden waren. Nationale Vorurteile und Vorbehalte gegen das Deutschtum von Wagners Werken erschienen in der Presse nur sehr sporadisch. In den Aufführungen von Wagners Werken und von anderen modernen ausländischen Werken auf tschechischen Bühnen sah die Publizistik den Weg, den das Nationaltheater gehen muss, um ein Welttheater werden zu können. Ähnliche Ansichten hatte auch ein kleiner, musikalisch ausgebildeter Teil des tschechischen Publikums, von dem wir wissen, dass es nicht selten auch das Prager Deutsche Theater besuchte. Aber Wagners Deutschtum spielte nicht eine große Rolle auch bei der Mehrheit des übrigen Publikums, wie Lohengrins Zuschauererfolg erweist. Die Reflexion der Richard Wagners Werke illustriert also beredt die relative Unabhängigkeit des Musiklebens, vor allem in Prag, von allgemeinen gesellschaftlichen Stimmungen der achtziger Jahre, für die eine fortschreitende Zunahme der nationalistischen Tendenzen charakteristisch war.